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Bombe explodiert vor Haus eines Journalisten | Neuseelänischer Pilot als Geisel genommen | Neue Militärkommandos | Situation von Binnenflüchtlinge | Soldaten wegen Mord verurteilt | Unruhen in Wamena

West Papua Netzwerk
 Liebe Freundinnen und Freunde des Westpapua-Netzwerks,
sehr geehrte Damen und Herren,

Seit Jahrzehnten genießen Militär- und Polizeiangehörige, die in Westpapua Menschenrechtsverletzungen begehen straffreiheit. Nun gab es gerichtliche Urteile im Fall der Ermordung von vier papuanischen Zivilisten durch Soldaten des indonesischen Militärs. Gleichzeitig können kleinste Vorkommnisse eine Gewaltspirale auslösen, wie zum Beispiel  Ende Februar in Wamena, um Hochlandgebiet. Journalist*innen sind weiterhin durch Einschüchterungsversuche und bedroht und die Situation der Binnineflüchtlinge hat sichnicht verbessert. Auch ausländische Zivilist*innen können im Konflikt zwischen dem indonesischen Militär und der Unabhängigkeitsbewegung zum Opfer werden, wie der Fall der Geiselnahme eines neuseeländischen Piloten zeigt.

Herzliche Grüße aus der Koordinationsstelle,

Barbara Hillebrand und Thea Hummel

In dieser E-Info finden Sie:

  • Unruhen in Wamena: mehrere Tote und Verletzte
  • Binnenflüchtlinge im Jahr 2022 in Westpapua: Abkommen über Humanitäre Pause hat Situation nicht gelöst
  • Weitere Urteile im Fall der vier getöteten Papuas
  • Neue regionale Militärkommandos auch in Westpapua
  • Pilot aus Neuseeland von TPNPB als Geisel genommen
  • Erstes Urteil im Fall der vier getöteten Papuas
  • Bombe explodiert vor Haus von Journalist Victor Mambor

Unruhen in Wamena: mehrere Tote und Verletzte

Am Morgen des 23. Februar fing eine Gruppe indigener Papuas zwei nicht-papuanische Lastwagenfahrer ab, die angeblich versucht hatten, ein papuanisches Kind im Dorf Sinakma, Stadt Wamena, Provinz Hochland-Papua, zu entführen. Der Streit zwischen den Verwandten des Opfers und einer Gruppe von Migranten erregte schnell die Aufmerksamkeit von Anwohnern und Schaulustigen.
Der örtliche Polizeichef und mehrere Beamte trafen Berichten zufolge an dem Ort ein, um zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln. Laut Zeugenaussagen waren während der Schlichtung auch Militärangehörige in Zivil anwesend. Die Angehörigen des mutmaßlichen Opfers forderten die Polizei auf, die beiden Verdächtigen zu ermitteln. Nach Angaben der Polizei begannen Menschen, Steine auf die Beamten zu werfen. Zwei Polizeiwagen wurden demoliert. Polizeibeamte sollen daraufhin Warnschüsse mit scharfer Munition abgegeben haben, bevor sie das Feuer auf die Menge eröffnet haben sollen. Berichten zufolge sollen Militärangehörige im Anschluss durch Wamena patrouilliert haben, wobei sie wahllos mit scharfer Munition auf die Menge geschossen haben sollen. In der Zwischenzeit hatten unbekannte Täter damit begonnen, Häuser und Geschäfte von Nicht-Papua in Sinakma in Brand zu setzen. Berichten zufolge wurden dreizehn Häuser und zwei Geschäfte durch Feuer zerstört.

Binnenflüchtlinge im Jahr 2022 in Westpapua: Abkommen über Humanitäre Pause hat Situation nicht gelöst

Die Kommission für Vermisste und Opfer von Gewalt (Kontras) zählte bis Dezember 2022 60.642 Binnenflüchtlinge in Westpapua, die infolge des bewaffneten Konflikts zwischen dem indonesischen Militär und der TPNPB-OPM TNI vertrieben wurden. 732 von ihnen starben.
„Abgesehen davon, dass die Menschen ihre Häuser verlassen mussten, sind die Kinder der Vertriebenen auch mit einer schlechten Ernährung konfrontiert, die durch den Mangel an ausreichender Nahrung während ihres Aufenthalts in den Flüchtlingsunterkünften verursacht wird“, sagte Kontras-Koordinatorin Fatia Maulidiyanti in einer Erklärung am Mittwoch, den 22. Februar.
Maulidiyanti fordert daher die indonesische Regierung auf, die Menschenrechte der Binnenflüchtlinge zu fördern und zu schützen. „Wir fordern die indonesische Regierung auf, sich unverzüglich um die Binnenflüchtlinge in Westpapua zu kümmern und ihnen grundlegende Rechte in Übereinstimmung mit den Menschenrechtsstandards zu gewähren“, sagte sie. Damit die Zahl der Vertriebenen nicht weiter ansteige, fordert Kontras die TNI und die OPM auf, den bewaffneten Konflikt in Papua sofort zu beenden. Die beiden Konfliktparteien werden aufgefordert, die Sicherheit der Zivilbevölkerung zu gewährleisten.

Weitere Urteile im Fall der vier getöteten Papuas

Nachdem es bereits im Januar zu einer ersten Verurteilung eines Soldaten im Fall der vier getöteten Papuas kam, die im August 2022 unter anderem von mehreren Militärangehörigen ermordet wurden, gibt es nun vier weitere Urteile gegen Militärangehörige.
In dem Verfahren verurteilte das Richtergremium unter dem Vorsitz von Oberst l. Chk Rudy Dwi Prakamto den Ersten Gefreiten Rahmat Amin Sese und den Ersten Gefreiten Risky Oktav Mukiawan zu lebenslanger Haft und zusätzlich zu einer Entlassung aus dem Armeedienst.
Unterdessen wurde der Erste Gefreite Robertus Putra Clinsman zu 20 Jahren Gefängnis und der Obergefreite Pargo Rumbouw zu 15 Jahren verurteilt. Beide wurden auch aus dem Armeedienst entlassen.  Neue regionale Militärkommandos auch in WestpapuaDer Generalstabschef der Armee (KSAD), General Dudung Abdurachman, erklärt, dass jede Provinz in Indonesien über ein regionales Militärkommando (Kodam) verfügen werde.
Dazu gehört auch die Einrichtung regionaler Militärkommandos in den vier neuen Provinzen in Westpapua, nämlich in den Provinzen Süd-Papua, Zentral-Papua, Hochland-Papua und Südwest-Papua.
Das indonesische Militär (TNI) hat derzeit 15 regionale Militärkommandos in ganz Indonesien. Insgesamt gibt es 38 Provinzen. Der indonesische Verteidigungsminister Prabowo Subianto teilte mit, dass der Plan, regionale Militärkommandos in allen indonesischen Provinzen einzurichten, noch nicht abgeschlossen sei. Laut Prabowo werde die Verwirklichung dieses Plans schrittweise erfolgen.


Pilot aus Neuseeland von TPNPB als Geisel genommen

Ein Pilot aus Neuseeland ist in Westpapua, Landkreis Nduga, von TPNPB-Kämpfern als Geisel genommen worden. Laut ihrem Sprecher, Sebby Sambon, würden sie ihn nicht freilassen, „solange Indonesien Papua nicht anerkennt und vom indonesischen Kolonialismus befreit“.
Die Polizei von Papua teilte mit, dass Soldaten und Beamte nach dem Piloten Philips Max Marthin suchten, nachdem Unabhängigkeitskämpfer das Flugzeug gestürmt hatten, als es auf einem abgelegenen Flughafen in Paro, Landkreis Nduga, landete. Das von der indonesischen Fluggesellschaft Susi Air betriebene Flugzeug war auf dem Weg von einem Flughafen in Timika zu einem etwa 450 km entfernten Versorgungsposten.
Sebby Sambom, Sprecher der TPNPB-OPM, sagte, Unabhängigkeitskämpfer der TPNPB hätten das kleine Flugzeug als Teil ihres Kampfes für die Unabhängigkeit angegriffen und in Brand gesetzt. Er forderte, dass alle Flüge nach Nduga eingestellt werden sollten.

Erstes Urteil im Fall der vier getöteten Papuas

Im Fall der vier getöteten Papuas, deren Leichen Ende August 2022 in mehreren Säcken in einem  Fluss im Landkreis Mimika gefunden wurden, kam es nun zu einem ersten Strafurteil.
Insgesamt sind sechs Soldaten der Infanteriebrigade Raider 20/Ima Jaya Keramo angeklagt. Ein erster von ihnen, Major Helmanto Fransiskus Dakhi, wurde nun von einem Militärgericht des vorsätzlichen Mordes für schuldig befunden und zu lebenslanger Haft verurteilt.
Bei der Verlesung des Urteils erklärte der Oberste Richter, dass die Strafe für Helmanto Dakhi den von den Zeugen im Prozess vorgelegten Beweisen entspreche. Ihm wurde nachgewiesen, dass er sich des gemeinsamen vorsätzlichen Mordes schuldig gemacht habe.

Bombe explodiert vor Haus von Journalist Victor Mambor

Ein Unbekannter warf am Montag, 23. Januar 2022, um 04.00 Uhr morgens eine Bombe in die Nähe des Hauses des Jubi-Journalisten Victor Mambor in Jayapura City, Westpapua. Die Bombe explodierte etwa drei Meter von Victor Mambors Haus in North Jayapura District, Jayapura City. Victor Mambor sagte, er habe vor der Explosion das Geräusch eines stoppenden Motorrads gehört, das von der Videoüberwachung an seinem Haus aufgezeichnet wurde. Victor und seine Familie sind wohlauf, und auch sein Haus ist nicht beschädigt. Ein Polizeiteam hat den Vorfall vor Ort untersucht, Victors Aussage aufgenommen und Beweise für die Bombenexplosion gefunden. „Ja, jemand hat eine Bombe geworfen“, sagte der Sprecher der Papua-Polizei, Ignatius Benny. „Das Motiv und die Täter sind unbekannt.“