Aktuelle Meldungen zu West Papua über Menschenrechte, Politik, Umwelt und Gesellschaft.

Lukas Enembe verhaftet | Prozess gegen Victor Yeimo | Gewalt gegen Kinder 2022 zugenommen |  Aufteilung der Provinz Papua-Barat | HIV/AIDS in Papua  | Lehrpersonal durch Konflikt gefährdet

West Papua Netzwerk
 Liebe Freundinnen und Freunde des Westpapua-Netzwerks,
sehr geehrte Damen und Herren,

das neue Jahr begann für die Papuas mit der Verhaftung Lukas Enembes, Gouverneur der Provinz Papua. Bereits im Herbst letzten Jahres kamen neue Korruptionsvorwürfe gegen ihn auf. Für viele Papuas ist er eine Symbolfigur und Demonstranten warnten davor, den Papua-Konflikt auf einer weiteren Ebene zu entfachen.
Auch Victor Yeimo ist weiterhin vor Gericht wegen Hochverrat angeklagt. Sein Prozess wurde Mitte Januar 2023 fortgesetzt.
Auch im November und Dezember 2022 gab es immer wieder Berichte über bewaffnete Gewalt mit Toten und Verletzten. Besonders die Gewalt gegen Kinder, die mutmaßlich von Soldaten des indonesischen Militärs (TNI) in Westpapua begangen wurde, habe im Jahr 2022 zugenommen, so Komnas HAM.

Auch im Jahr 2023 setzen wir uns daher weiter für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte und den Schutz der Umwelt in Westpapua ein und danken Ihnen für Ihre Unterstützung und Ihr Interesse.

Herzliche Grüße aus der Koordinationsstelle,

Barbara Hillebrand und Thea Hummel

In dieser E-Info finden Sie:

  • Victor Yeimo: Update zum Gerichtsverfahren
  • Korruptionsverdacht: Gouverneur Lukas Enembe verhaftet
  • Landkreise in Westpapua mit höchsten Abholzungsraten
  • Bewaffnete Gewalt: ein Toter, drei Verletzte
  • Neuer TNI-Kommandeur: Schwerpunkt des Militärs auf territorialen Operationen in Westpapua
  • Komnas HAM: Gewalt gegen Kinder in Westpapua durch das Militär hat 2022 zugenommen
  • Amnesty International kritisiert Verhaftungen und Gewalt in Westpapua am Internationalen Tag der Menschenrechte
  • USA wollen durch Kooperationsprojekt Entwicklungspolitik in Westpapua unterstützen
  • Besonderer Schutz für Lehrpersonal in Konfliktgebieten gefordert
  • Bewaffnete Auseinandersetzungen im November und Anfang Dezember
  • HIV/AIDS in Papua
  • Offizielles Ziel: gerechte Entwicklung in Westpapua – Provinz Papua Barat wird auch aufgeteilt
  • Pazifische Konferenz der Kirchen ruft zum Boykott indonesischer Produkte auf und fordert OHCHR Besuch in Westpapua
  • Humanitäre Pause vereinbart

Victor Yeimo: Update zum Gerichtsverfahren

Das Nationale Komitee Westpapuas (KNPB) hielt am Dienstag (17.1.2023) eine stille Demonstration vor dem Bezirksgericht von Jayapura ab. Sie forderten die bedingungslose Freilassung von Viktor Yeimo. Die Demonstranten trugen Flugblätter und Plakate mit sich, um gegen Viktor Yeimos Inhaftierung zu protestieren. Sie forderten die bedingungslose Freilassung von Viktor Yeimo und äußerten, dass Yeimo kriminalisiert und rassistisch diskriminiert werde. Der nationale Sprecher des Nationalen Komitees Westpapuas, Ones Suhuniap, erklärte, Viktor Yeimo sei ein Opfer rassistischer Diskriminierung. Suhuniap erklärte, dass die Papua seit mehr als 60 Jahren als rückständige und zweitklassige Menschen in Indonesien angesehen werden würden. Yeimo habe „an den Anti-Rassismus-Protesten in Papua […] teilgenommen, weil er sich in seiner Würde als Mensch gedemütigt fühlte“, sagte Suhuniap.

Gegenwärtig steht Yeimo wegen angeblichen Hochverrats vor dem Bezirksgericht Jayapura vor Gericht.

 Korruptionsverdacht: Gouverneur Lukas Enembe verhaftet

Mitglieder der Stadtpolizei von Jayapura (Polresta Jayapura) und der Korruptionsbekämpfungskommission (KPK) haben am 10. Januar 2023 den Gouverneur der Provinz Papua, Herrn Lukas Enembe, in der Stadt Jayapura verhaftet. Herr Enembe wurde vorübergehend im Hauptquartier der Mobilen Polizeibrigade (Brimob) in Kotaraja, Jayapura City, festgehalten, bevor die Polizei ihn zum Flughafen Sentani eskortierte. Er wurde noch am selben Tag nach Jakarta geflogen.

Die Verhaftung erfolgte vier Monate nachdem Enembe offiziell der Korruption bezichtigt wurde

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 Landkreise in Westpapua mit höchsten Abholzungsraten

Der Leiter der Waldkampagne von Greenpeace Indonesien, Kiki Taufik, sagte, dass es in Westpapua zehn Landkreise mit der höchsten Abholzungsrate zwischen 2001 und 2020 gibt. Die Abholzung ist auf die übermäßige Vergabe von Lizenzen für landbasierte Rohstoffindustrien zurückzuführen, die die Rechte der indigenen Papuas bedrohen.

Dies erklärte Taufik in einer Online-Diskussion über den Forschungsbericht „The Curse of Natural Resources in the Land of Papua“, die von Greenpeace in Zusammenarbeit mit dem Institute for Development of Economics and Finance (IDEF) im Dezember organisiert wurde. Kiki sagte, dass Westpapua in den letzten zwei Jahrzehnten die Region mit der höchsten Entwaldungsrate in Indonesien war.

 Bewaffnete Gewalt: ein Toter, drei Verletzte
Am Montag, den 19. Dezember 2022, wurden im Polizeipräsidium von Tolikara in der Provinz Hochland-Papua insgesamt vier Bewohner des Bezirks Tolikara mit Schusswaffen angegriffen. Einer von ihnen starb.

Der Direktor der Allgemeinen Kriminalpolizei der Papua-Polizei, Sr. Comr. Faizal Ramadhani, bestätigte den Vorfall. Er sagte, die Schießerei sei durch eine Reihe von Bewohnern ausgelöst worden, die betrunken zum Hauptquartier gekommen seien und Lärm gemacht hätten. Die Bewohner hätten das Gebäude verlassen, seien aber kurz darauf mit weiteren Personen zurückgekommen, die ebenfalls betrunken gewesen sein sollen. Faizal sagte, sie hätten die Polizeiwache angegriffen, deshalb hätten die Beamten geschossen. „Es gab vier Opfer, eines starb an einer Schusswunde.“, sagte Faizal am Montag in Jayapura City.

Das Papua Peace Network (JDP) fordert währenddessen die Nationale Menschenrechtskommission (Komnas HAM) auf, ein unabhängiges Untersuchungsteam zu bilden, um die Ereignisse in Tolikara aufzudecken.

 

Neuer TNI-Kommandeur: Schwerpunkt des Militärs auf territorialen Operationen in Westpapua

Der indonesische Präsident Joko Widodo ernannte Mitte Dezember 2022 Admiral Yudo Margono zum neuen TNI-Kommandeur, der damit die Nachfolge von General Andika Perkasa angetreten hat. Jokowi betonte, dass er die Pläne zur Reduzierung der Truppenpräsenz in Westpapua unterstütze: „Die Reduzierung der militärischen Truppen in Papua ist gut, aber wir müssen weiterhin streng sein“. Andernfalls, so sagte er, würden „bewaffnete Rebellengruppen“ dort immer weiter operieren und „das Problem wird niemals enden“. Es ist unklar, ob, wann und in welchem Umfang die Militärpräsenz in Papua reduziert werden würde.

Komnas HAM: Gewalt gegen Kinder in Westpapua durch das Militär hat 2022 zugenommen

Der Leiter des Papua-Büros der Nationalen Menschenrechtskommission (Komnas HAM Papua), Frits Ramandey, sagte, dass die Gewalt gegen Kinder, die mutmaßlich von Soldaten des indonesischen Militärs (TNI) in Westpapua begangen wurde, im Jahr 2022 zugenommen habe. Er sagte, dies sei eine schlechte Entwicklung und habe das Potential, die Bemühungen um die Erfüllung und den Schutz der Kinderrechte zu stören.

Komnas HAM Papua registrierte drei Fälle von mutmaßlicher militärischer Gewalt gegen Kinder in Westpapua, die sich im Jahr 2022 ereigneten. Es gab mindestens 11 Opfer, bis zu neun Kinder wurden verletzt und zwei Kinder starben.

 

Amnesty International kritisiert Verhaftungen und Gewalt in Westpapua am Internationalen Tag der Menschenrechte

Der Internationale Tag der Menschenrechte wird jedes Jahr am 10. Dezember gefeiert und erinnert an die Verkündung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte am 10. Dezember 1948 durch die UN-Generalversammlung. Überall auf der Welt nutzen die Menschen diesen Tag, um auf ihre Rechte aufmerksam zu machen und den Schutz dieser einzufordern.

Auch in Westpapua kam es am 10. Dezember und im Vorfeld zu Kundgebungen, die jedoch von den Sicherheitskräften zum Teil gewaltsam aufgelöst wurden.

USA wollen durch Kooperationsprojekt Entwicklungspolitik in Westpapua unterstützen

Anfang November besuchten US-Vertreter über die U.S. Agency for International Development (USAID) gemeinsam mit dem indonesischen Ministerium für nationale Entwicklungsplanung (Bappenas) die Provinz Papua, die Provinz Papua Barat und die Provinz Hochland-Papua, „um eine neue Initiative zur Beschleunigung der Entwicklung in der Region zu starten“.

So kooperieren die beiden Akteure für die nächsten fünf Jahre und die USA investieren 10 Millionen Dollar in dem sogenannten Papua Collaborative Governance Indonesia Project (USAID Kolaborasi), um die Entwicklung in Westpapua zu unterstützen.

 Besonderer Schutz für Lehrpersonal in Konfliktgebieten gefordert

Yulianus Kuaiyo, Leiter der Abteilung für berufliche Entwicklung des Papua Education Office, sagte, dass es einen besonderen Schutz für Lehrer*innen geben sollte, die in konfliktgefährdeten Gebieten in Papua arbeiten. „Ich hoffe, dass die Regierung der Sicherheit dieser Lehrer*innen Priorität einräumt“, sagte Yulianus Kuaiyo am Montag, den 28. November 2022, in einem Telefonat mit Jubi. „Selbst wenn Lehrer*innen in Konfliktgebieten nicht direkt von Gewalt betroffen sind, muss die Regierung dafür sorgen, dass sie sicher sind und ihre Lehr- und Lerntätigkeit reibungslos durchführen können. Das sollte ein besonderes Anliegen der Regierung sein“, sagte er.

Kuaiyo fügte hinzu, dass Lehrer*innen in Konfliktgebieten häufig den Ort verlassen, was dazu führt, dass Schulen leer stehen und Schüler vertrieben werden. „Lehrer*innen, die ihren Dienst verlassen, führen zu einem Mangel an Lehrpersonal in Konfliktgebieten. Dies hat dazu geführt, dass Kinder in Konfliktgebieten ihre Grundrechte nicht wahrnehmen können“, sagte er.

Bewaffnete Auseinandersetzungen im November und Anfang Dezember

Auch im November gab es wieder Berichte von bewaffneten Auseinandersetzungen, der Ausweitung militärischer Aktivitäten in Westpapua und verletzten und/oder getöteten Papuas, Zivilisten und Sicherheitskräften.  HIV/AIDS in Papua

Der Welt-AIDS-Tag am 1. Dezember gab Anlass, sich auch mit der Situation von HIV/AIDS in Westpapua zu befassen, über die Präventionsbemühungen zu berichten und darüber, dass viele Infizierte immer noch mit Diskriminierunen und Vorurteilen zu kämpfen haben.

Der Vorsitzende der Papua AIDS-Kontrollkommission (KPA Papua) Anton Mote sagte, dass es im September 2022 50.011 HIV/AIDS-Fälle in der Provinz Papua (vor der Aufteilung in weitere Provinzen) gab, davon 20.441 HIV-positive Fälle und 29.570 AIDS-Fälle. Mote sagte, dass die Kommission ihre Bemühungen zur Verhinderung und Kontrolle von HIV/AIDS in Papua weiter verstärken werde.

 

Offizielles Ziel: gerechte Entwicklung in Westpapua – Provinz Papua Barat wird auch aufgeteilt

Am 17. November 2022 hat das indonesische Parlament einem weiteren Gesetzesentwurf zugestimmt, der auch die Provinz Papua Barat in zukünftig zwei Provinzen aufteilen soll. Das Gesetz über die neu zu schaffende Provinz Südwest-Papua soll nun schnellstmöglich umgesetzt werden.

Die „Expansion“, so die Politiker in Jakarta, ziele darauf ab, die gerechte Verteilung der Entwicklung zu beschleunigen, die Verbesserung der öffentlichen Dienstleistungen anzutreiben, das Wohlergehen anzukurbeln und die Würde der Gemeinschaft zu erhöhen. Mit dieser Begründung wurden auch schon die drei neuen Provinzen Süd-Papua, Hochland-Papua und Zentral-Papua aus der vorherigen Provinz Papua im Sommer 2022 neu aufgeteilt.

Pazifische Konferenz der Kirchen ruft zum Boykott indonesischer Produkte auf und fordert OHCHR Besuch in Westpapua

Die Pazifische Konferenz der Kirchen (PCC) hat am 1. Dezember 2022 ein Statement veröffentlicht, das solange zum Boykott indonesischer Produkte aufruft, bis das OHCHR Westpapua besuchen darf. Dieser seit 2019 zugesagte aber bisher nicht stattgefundene Besuch soll die Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen wie Folter, außergerichtliche Tötungen und systematische Polizei- und Militärgewalt durch unabhängige UN-Beobachter*innen ermöglichen.

„Der Aufruf zum Boykott kommt als Reaktion auf den fehlenden politischen Willen der indonesischen Regierung, ihrer Verpflichtung gegenüber diesem vor vier Jahren eingegangenen Besuch nachzukommen“, sagte PCC-Generalsekretär Rev. James Bhagwan.

 

Humanitäre Pause vereinbart

Im Juni berichtete das Westpapua-Netzwerk von den Forderungen des Papua Peace Network, in Westpapua eine humanitäre Pause umzusetzen, um alle bewaffneten Konflikte in Westpapua zu beenden und einen friedlichen Dialog zu beginnen.

Ein Fortschritt im Prozess des „Friedensdialogs“ zwischen den Konfliktparteien wurde nun in Genf erzielt, als die Vereinigte Befreiungsbewegung für Westpapua (ULMWP), Indonesiens Nationale Menschenrechtskommission (Komnas HAM) und der Volksrat der Provinz Papua (MRP) am 11. November 2022 eine Vereinbarung zur Umsetzung der humanitären Pause unterzeichneten.