Aktuelle Meldungen zu West Papua über Menschenrechte, Politik, Umwelt und Gesellschaft.

Menschenrechte in Indonesien auf dem Prüfstand | Filep Karma verstorben | Rechte Indigener | Schutz der Umwelt  | Gewalt auf beiden Seiten

West Papua Netzwerk
Liebe Freundinnen und Freunde des Westpapua-Netzwerks,
sehr geehrte Damen und Herren,

"Where, after all, do universal human rights begin? (....)" fragte schon Eleanor Roosevelt 1958 und doch scheint die Antwort darauf mit "close to home" auch fast 65 Jahre später noch nicht überall zu gelten. Vergangene Woche musste sich Indonesien im UPR-Verfahren der Frage stellen, ob und wie Menschenrechte in Indonesien ausreichend geschützt werden. Über 290 Empfehlungen von über 100 Staaten sehen Potential zur Verbesserung. Einige davon sprechen auch explizit Westpapua an.
Einer, der über viele Jahre immer wieder auf den mangelhaften Schutz der Menschenrechte in Westpapua hingewiesen hat, war Filep Karma. Anfang November erreichte uns die traurige Nachricht über seinen Tod. Das Westpapua-Netzwerk und seine Mitglieder werden ihn als humorvollen, klugen und interessierten Menschen in Erinnerung behalten, der mit Mut und Optimismus friedlich seine Stimme für den Schutz der Menschenrechte in Westpapua erhoben hat.

Herzliche Grüße aus der Koordinationsstelle,

Barbara Hillebrand und Thea Hummel
 

In dieser E-Info finden Sie:

  • Universal Periodic Review: Situation der Menschenrechte in Indonesien auf dem Prüfstand
  • Kette der Gewalt setzt sich fort: Soldaten foltern drei minderjährige Papuas
  • Menschenrechtsaktivist Filep Karma tot am Strand von Jayapura aufgefunden
  • Indigene Völker fordern Schutz ihrer Rechte ein
  • Durch Freeport verursachte Umweltschäden vermutlich größer als offiziell berichtet – Anpassung der Umweltverträglichkeitsprüfung gefordert
  • ULMWP Mitglied Buchtar Tabuni in Jayapura verhaftet
  • TPNPB greift 14 Straßenarbeiter in Provinz Papua Barat an – vier Arbeiter werden tödlich verletzt

Universal Periodic Review: Situation der Menschenrechte in Indonesien auf dem Prüfstand

Am 9. November 2022 wurde die Situation der Menschenrechte in Indonesien im Rahmen des Universal Periodic Review-Verfahrens (UPR) des UN-Menschenrechtsrates überprüft.

In dem UPR-Verfahren wird ca. alle vier-fünf Jahre die Menschenrechtssituation in jedem UN-Mitgliedstaat überprüft. Hier kommt es vor allem darauf an zu untersuchen, ob der Staat die notwendigen Schritte unternimmt, um Menschenrechte nicht nur auf dem Papier zu fördern sondern diese auch im Alltag tatsächlich für alle zu schützen.

 

Kette der Gewalt setzt sich fort: Soldaten foltern drei minderjährige Papuas

Ende Oktober kam es erneut zu einem gewaltsamen Angriff durch Angehörige des Militärs in der Provinz Papua. Im Bezirk Keerom wurden drei Kinder (11, 13 und 14 Jahre alt) über mehrere Stunden gefoltert nachdem die Militärangehörigen sie beschuldigten, einen Kakadu gestohlen zu haben, den die Militärangehörigen als Teil ihres illegalen Tierhandels verkaufen.

Nach den eingegangenen Informationen nahmen Militärangehörige die drei Minderjährigen um 6.00 Uhr morgens gewaltsam in ihrem Haus fest und brachten sie zum Militärposten im Dorf Yuwanain. Dort folterten mehrere Militärangehörige sie drei Stunden lang, indem sie sie mit einem Wasserschlauch und Eisendraht schlugen, traten und peitschten. Um 11.30 Uhr brachten die Militärangehörigen die Minderjährigen zurück zu ihren Eltern.

Menschenrechtsaktivist Filep Karma tot am Strand von Jayapura aufgefunden

Filep Karma, ein bedeutender Menschenrechtsaktivist aus Papua und langjähriger ehemaliger politischer Gefangener, wurde am Morgen des 1. November an einem Strand in Jayapura tot aufgefunden.

Fileps Tochter, Andrefina Karma, erklärte, dass die Ergebnisse der Obduktion darauf hindeuten, dass Filep Karma bei einem Tauchunfall ertrunken sei.

 
 

Indigene Völker fordern Schutz ihrer Rechte ein

Die Generalsekretärin der Allianz der indigenen Völker des Archipels (AMAN), Rukka Sombolinggi, hat alle indigenen Völker des Archipels aufgerufen, sich zu erheben und sich gegen alle Formen von Gewalt und Ungerechtigkeit im Land zu vereinen. Sombolinggi sagte dies in ihrer Rede zur Eröffnung des sechsten Kongresses der indigenen Völker des Archipels (KMAN VI) in Sentani am Montag, den 24. Oktober 2022.

Die Eröffnungszeremonie fand im Barnabas-Youwe-Stadion statt und wurde von Tausenden von indigenen Völkern aus verschiedenen Regionen Indonesiens besucht. Sombolinggi sagte, die indigenen Völker des Archipels müssten ihre Solidarität weiter stärken. Ihrer Meinung nach haben die indigenen Völker ihren Beitrag für Indonesien bewiesen. Sie sagte, dass 80 Prozent der weltweiten biologischen Vielfalt derzeit von indigenen Völkern bewacht werden. Jetzt, wo die Welt eine Klimakrise erlebe, liege die Antwort in den indigenen Territorien.

„Die beste Investition, wenn die Welt aus der Klimakatastrophe herauskommen will, ist derzeit der Schutz der Rechte indigener Völker. Nicht in Investitionen in Bergbau oder Palmöl“, sagte sie.

 
 

Durch Freeport verursachte Umweltschäden vermutlich größer als offiziell berichtet – Anpassung der Umweltverträglichkeitsprüfung gefordert

Die Community Care of Far East Mimika (LEPEMAWI) beschuldigte PT Freeport Indonesia während einer Anhörung vor dem Ausschuss IV des Repräsentantenhauses am Dienstag, 27. September 2022, der Lüge. Während der Anhörung behauptete der Freeport-Beamte Tony Wenas, dass die Entsorgung der Abraumhalden des Unternehmens den Vorschriften entsprochen und weder Umwelt- noch Sozialprobleme verursacht habe.
Nach Ansicht von LEPEMAWI entsprechen die Aussagen von Toni Wenas jedoch nicht den Tatsachen vor Ort. Freeports Abraumentsorgung über Flüsse in die Arafura-See habe Umweltschäden sowie materielle und immaterielle Verluste für die Anwohner verursacht, die weit entfernt von Freeports Minenbetrieb leben.

ULMWP Mitglied Buchtar Tabuni in Jayapura verhaftet

Am 17. Oktober 2022 hat die indonesische Polizei Buchtar Tabuni, einen der wichtigsten Führer der ULMWP und zwei weitere ULMWP Mitglieder im Haus von Buchtar Tabuni verhaftet. Die Verhaftung soll unter dem Einsatz schwer bewaffneter Polizisten am Vormittag des 17. Oktober stattgefunden haben. Zudem soll das Haus von Tabuni für mehrere Stunden umstellt worden sein. Ein Haftbefehl soll vorab nicht gegen Tabuni vorgelegen haben.

Der Polizeichef von Jayapura City, Sr. Comr. Victor D. Mackbon bestätigte einen Tag nach der Verhaftung, dass sein Büro Buchtar Tabuni verhaftet habe. Ihm zufolge wurde Tabuni verhaftet, um die Aktivitäten zu klären, die seit drei Tagen in seinem Haus stattgefunden hätten. „Die Verhaftung von Buchtar Tabuni dient dazu, seine Versammlungsaktivitäten zu klären“, sagte Mackbon.

 

TPNPB greift 14 Straßenarbeiter in Provinz Papua Barat an – vier Arbeiter werden tödlich verletzt

Nachdem es bereits in den letzten Monaten tödliche Angriffe von TPNPB-Mitgliedern auf Zivilisten gab, kam es Ende September erneut zu einem tödlichen Angriff.
Am 29. September sollen bewaffnete Unabhängigkeitskämpfer der TPNPB 14 Straßenbauarbeiter*innen in der Provinz Papua Barat angegriffen haben, die mit dem Bau der Trans-Bintuni-Maybrat Straße beauftragt waren. Der Sprecher der Polizei in Papua Barat gab an, dass neun Arbeiter*innen sich selbst retten konnten. Sechs flohen zum Militärposten, drei weitere flüchteten über den nahe gelegenen Fluss. Vier Personen wurden bei dem Angriff getötet: drei Männer (20, 25 und 55 Jahre alt) und eine 28-jährige Frau. Eine weitere Frau galt Anfang Oktober weiterhin als vermisst.

 
Westpapua Journal



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